Taratra Rakotomamonjy aus Madagaskar zu Besuch im Schulzentrum

Frau Rakotomamonjy ist Geschäftsführerin der Nicht-Regierungs-Organisation Vozama, die sich besonders für die Bildung von Mädchen und Frauen in den ländlichen Regionen des Inselstaates einsetzt.

Misereor, das weltweit arbeitende Hilfswerk der Katholischen Kirche (https://www.misereor.de/), organisiert jedes Jahr in der Fastenzeit eine zentrale Jahresaktion. In diesem Rahmen werden Menschen und Organisationen aus aller Welt nach Deutschland eingeladen, um ihre Arbeit vorzustellen. 

In diesem Jahr steht Madagaskar im Mittelpunkt, die viertgrößte Insel der Welt, gelegen im Indischen Ozean, zwischen Mosambik auf dem ostafrikanischen Festland und den Inseln La Réunion und Mauritius. Die geographische Isolation hat dazu geführt, dass sich eine fast vollständig endemische Fauna entwickeln konnte, das heißt, die meisten der dort lebenden Tiere findet man nur auf Madagaskar. Besonders bekannt sind die Lemuren und die Baobabs. Traumstrände, tropisches Wetter und eine beeindruckende Natur machen die Insel zu einem beliebten Tourismusziel. 

Das ist aber nur die eine Seite der Wahrheit, die glänzende touristische Fassade. Frau Rakotomamonjy sprach von zwei Gesichtern ihres Heimatlandes. Der Regenwald ist zu großen Teilen abgeholzt, die Insel gehört zu den Ländern, die kaum etwas zum Klimawandel beitragen, aber dessen Folgen brutal zu spüren bekommen. Dürren, Staubstürme und die zunehmende Versandung führen zu Ernteausfällen und Hungersnöten. Über 80% der Bevölkerung leben in extremer Armut, d.h., ihnen stehen pro Tag weniger als 2,15 US-Dollar zur Verfügung. Die Gesellschaft verharrt in patriarchalen Strukturen, das Ansehen von Frauen ist gering. Dass pro Tag nur eine Mahlzeit zur Verfügung steht, ist traurige Normalität. Das Regierungssystem ist demokratisch, allerdings herrscht Korruption in einem unglaublichen Ausmaß, so dass Hilfe von dieser Seite nicht erwartet wird.

Besonders in den ländlichen Regionen, wo die meisten Menschen leben, gibt es neben der großen Armut kaum Chancen auf Bildung für Kinder und Jugendliche. Die hygienischen Zustände sind schwierig und verursachen zahlreiche Krankheiten. Die Kinder müssen in der Landwirtschaft helfen, das Familieneinkommen zu sichern, viele Mädchen werden früh zwangsverheiratet. Es gibt wenige Schulen und diese liegen so weit voneinander entfernt, dass der Weg dorthin für viele Kinder nicht zu bewältigen ist. 25% der Bevölkerung, vor allem auf dem Land, sind Analphabeten, die nichts über ihre eigenen und die Rechte ihrer Kinder wissen. Für diejenigen, die eine Schule besuchen, ist der Bildungsweg in den meisten Fällen nach fünf Jahren in der Grundschule zu Ende. 

Hier setzt die Organisation Vozama (https://www.vozama.org), der Frau Rakotomamonjy vorsteht, an: Ihr Ziel ist es, den Kindern, insbesondere Mädchen, Bildungschancen zu ermöglichen, um sich und ihren Familien Wege aus der Armut und Zugang zu anderen Erwerbsquellen zu verschaffen und die gesellschaftliche Stellung der Frauen zu verbessern. Hierbei verfolgt sie einen ganzheitlichen Ansatz und bezieht auch die Eltern mit ein. Aufklärung über die eigenen Rechte und die ihrer Kinder, Empowerment, die Strukturen aus eigener Kraft zu verändern und besonders den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, spielen eine große Rolle bei der Hilfe zur Selbsthilfe. Für die Organisation von Schulen ist es wichtig, die Eltern ins Boot zu holen, die auch Schulgeld zahlen müssen. Die Regierung zeigt keinerlei Interesse an einer Veränderung der Situation. Besonders Mütter erhalten die Möglichkeit, sich als Lehrerin ausbilden zu lassen, um die Kinder ihres Dorfes zu unterrichten. Den Erwachsenen werden Wege gezeigt, durch die Herstellung und den Verkauf von Produkten Geld zu verdienen, um die Schulbildung ihrer Kinder finanzieren zu können. 

Eine große Rolle spielt, neben der Vermittlung von Hygienekenntnissen, auch der Umweltschutz. Die Abholzung der Wälder für Feuerholz ist ein Teil des gigantischen ökologischen Problems auf Madagaskar. Vomaza unterstützt die Neupflanzung von Bäumen im Rahmen ihrer Hilfsprojekte. 

Frau Rakotomamonjy wurde herzlich begrüßt und vorgestellt von dem Direktor des Schulzentrums, Stephan Gertzen, der auch die Veranstaltung moderierte. Sie erzählte vor den Studierenden der Fachschule für Sozialpädagogik und den Schüler:innen der Berufsfachschule für Sozialassistenz anschaulich und lebendig von ihrer Arbeit in den ländlichen Regionen von Madagaskar und auch von ihrem eigenen Karriereweg. Unterstützt von der Dolmetscherin Katrin Knorr, begleitet von Bernadette Albrecht und der Bildungsreferentin von Misereor, Debora D‘Ambruoso, zog sie die Zuhörerschaft in ihren Bann, das Interesse zeigte sich in vielen Fragen von Schüler:innen, Studierenden und Lehrkräften. Die Möglichkeit, einen finanziell unterstützten Freiwilligendienst mit der Unterstützung von Ländern des globalen Südens im Rahmen von Misereor und speziell auch in der Nicht-Regierungs-Organisation Vozama zu absolvieren, stieß auf großes Interesse in der Schüler- und Studierendenschaft (https://www.misereor.de/mitmachen/freiwilligendienst). 

Es war uns eine Ehre, Frau Rakotomamonjy bei uns begrüßen zu dürfen. Wir bedanken uns bei Frau D‘Ambruoso und Frau Bernadette Albrecht für die Initiative zur Organisation der Veranstaltung und freuen uns auf die weitere fruchtbare Zusammenarbeit mit Misereor.