In unregelmäßigen Abständen organisieren wir unser Forum mit Gästen, die zu unterschiedlichen Themen von allgemeinem oder auch spezifisch sozialpädagogischem Interesse sprechen und diskutieren. Am Dienstag, den 25.11.24 kamen zu uns Georg Juckel und Paraskevi Mavrogiorgou, nicht, um ihr Buch Wie die Seele wieder Frieden findet anzupreisen, sondern um ihre psychotherapeutische Arbeit mit Hilfe von biblischen Geschichten vorzustellen.
Beide sind tätig an der Ruhr-Universität Bochum, Prof. Dr. med. Georg Juckel als Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums sowie als Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, Frau Dr. PD Paraskevi Mavrogiorgou als Leiterin der Forschungsabteilung für Experimentelle Psychopathologie. Beide sind Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und haben jahrzehntelang naturwissenschaftliche, empirisch nachweisbare Behandlungsmöglichkeiten psychischer Krankheiten erforscht und sich mit medikamentösen und unterschiedlichen therapeutischen Methoden befasst.
Seit einigen Jahren ist einer ihrer gemeinsamen Forschungsschwerpunkte die Implementierung von biblischen Themen und Geschichten in die Psychotherapie, insbesondere für Menschen mit depressiven Erkrankungen. Diese sollte allerdings nur bei Menschen angewandt werden, in deren Leben und Denken der Glaube eine Rolle spielt und die sich deswegen vorstellen können, in der Bibel Halt zu finden. Keinesfalls wollen sie missionieren – dem entgegen steht schon die skeptische Einstellung von Georg Juckel gegenüber allen Religionen, er bezeichnet sich selbst als Suchenden. Vielmehr wollen sie in ihrer ganzheitlichen Wahrnehmung der Patienten und ihrer Ressourcen deren Spiritualität nicht weiter ignorieren und sie damit wichtiger Heilungsmöglichkeiten berauben.
Ausgehend von empirischen Befunden, in denen sich zeigte, dass depressive Menschen deutlich weniger spirituelle, über das eigene Leben hinausweisende Glücksmomente erleben (zum Beispiel beim Anblick einer erhabenen Landschaft oder dem Hören von subjektiv als großartig empfundener Musik) und Dankbarkeit hierfür empfinden, entwickelten die beiden Mediziner das Ziel, Patient:innen mit einer Depression solche mentalen Zustände zu ermöglichen. Ein Weg dorthin führt ihrer Meinung nach über die Bibel, das Buch Hiob oder das Buch Kohelet nennen sie als wegweisend. Dieser Weg sollte aber nur mit Patient:innen beschritten werden, die der Therapeut oder die Therapeutin gut genug kennt, um ihre Spiritualität einschätzen zu können. Beide Wissenschaftler betonen, dass der Einsatz von religiösen Elementen in der Psychotherapie keinesfalls andere Verfahren ersetzen, sondern das Instrumentarium der Psychiatrie erweitern könne.
Im Anschluss an ihren Vortrag entstand eine lebhafte Diskussion, die, so wurde es berichtet, im danach folgenden Unterricht fortgesetzt wurde. Wir danken Herrn Juckel und Frau Mavrogiorgou für Ihr Kommen!
AvK, November 2024