Und das hat sich auch dieses Mal bestätigt: Eine Klasse im ersten berufsbegleitenden Ausbildungsjahr war mit Anja van Kampen im Grips-Theater in der Spielstätte im Podewil, um sich das vielbesprochene Stück "Selfie" anzuschauen. Alle Erwartungen wurden erfüllt, die drei Schauspieler:innen boten intensives, anspruchsvolles und doch mitreißendes Theater für Jugendliche. Heftige Themen kamen auf die Bühne, es ging um sexuellen Missbrauch und mediales Mobbing. So einfach wie es klingt war es bei Weitem nicht, die vielschichtigen Figurenkonstellationen umgingen jedes Klischee.
Emma, beste Freundin von Lilly und seit einiger Zeit verliebt in ihren etwas älteren Bruder Chris, landet auf einer Party sturzbetrunken mit ihm im Bett, kann sich aber schon Stunden später an nichts mehr erinnern. Ihre Frauenärztin organisiert eine Untersuchung im Krankenhaus. Die Ärzt:innen dort informieren die Polizei darüber, dass hier offensichtlich ein Übergriff gegen Emmas Willen stattgefunden hat.
Chris, der coole Sportstar der Schule, eigentlich aber zutiefst verunsichert in seiner Lebenssituation, liebt Emma wirklich, bemüht sich und kämpft um sie. Lilly, seine Schwester, steckt in einem Loyalitätskonflikt, wem soll sie helfen, dem Bruder oder der besten Freundin? Mit einem Post bei Instagram, gut gemeint aber denkbar falsch, entfesselt sie einen Shitstorm, in dessen Zentrum Emma steht. Ein Happy End gibt es nicht, niemand hat es gewollt, aber alles war falsch. Unwissenheit und emotionale Überforderung schützen nicht davor, die wichtigsten Menschen im Leben so zu verletzen, dass es keinen Weg mehr zurück gibt. Und niemand kann sich aus der Verantwortung stehlen.
Schwere Kost, in gewohnter Qualität serviert, ein wirklich lohnender Ausflug, der unser aller Horizont erweitert hat.