Unsere Namenspatronin Edith Stein, als junge Frau vom jüdischen Glauben zum Katholizismus konvertiert, wurde Anfang August 1942 in ihrem niederländischen Zufluchtsort Echt von der deutschen Gestapo verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie kurz nach ihrer Ankunft ermordet wurde. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns am Patronatstag häufig mit Themen aus dem Umfeld der Zeit des deutschen Nationalsozialismus, die auch heute (wieder) von erschreckender Aktualität sind.

In diesem Jahr haben wir die Ausstellung „Die Verleugneten“ der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas besucht, direkt am berühmten sog. Holocaust-Denkmal neben dem Brandenburger Tor.

Thematisiert wird hier das Schicksal der deportierten und ermordeten Menschen, die in den Konzentrationslagern mit einem schwarzen Winkel gekennzeichnet wurden: Die „Asozialen“ und „Berufsverbrecher“. Um dieses Stigma zu erhalten, reichte es, unregelmäßig zu arbeiten, kleine Diebstähle begangen zu haben oder einen nicht mit nationalsozialistischen Werten konformen Lebenswandel zu führen - davon abgesehen hat niemand es verdient, in ein Konzentrationslager gesperrt und dort schwersten, meist tödlichen Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Diese Gruppe von NS-Opfern wurde nach der Befreiung nicht nur von Politik und Gesellschaft, sondern sogar von anderen ehemaligen KZ-Häftlingen verleugnet und ausgegrenzt. Sie bzw. ihre Familien erhielten keine Entschädigung und wurden erst 2020, skandalöse 75 Jahre nach Kriegsende, als Opfergruppe im Bundestag anerkannt.

Anhand von einzelnen, sorgfältig und sehr berührend inszenierten Biographien von Opfern und Überlebenden haben wir deren grausiges Schicksal und die ignorante Behandlung in der Nachkriegsgesellschaft nachvollziehen können. Diese Mechanismen von Ausgrenzung und Stigmatisierung werden auch heute wieder von autokratischen, populistischen, demokratiefeindlichen und nationalistischen Politiker:innen zum Teil erfolgreich angewandt. So werden Ängste geschürt und einfache Lösungen versprochen. Die Ausstellung „Die Verleugneten“ zeigt einmal mehr, wohin eine solche Haltung die Gesellschaft führt und was es für die einzelnen Menschen bedeutet.

AvK November 2024