Am 19. Juni dieses Jahres fand in unserem Lesesaal ein zweites Treffen aller Lehrkräfte im Rahmen unseres interreligiösen Profils statt. Frau Prof. Dr. Annette Edenhofer von der Katholischen Hochschule Berlin war unserer Einladung gefolgt und stellte ihre neueste Forschung vor. In einer Studie hat sie gemeinsam mit ihren Mitarbeiter:innen zwei Gruppen von Lehrkräften dazu befragt, wie sie die Zugehörigkeit zu einer katholischen Institution empfinden.
Sowohl Lehrkräfte ohne Kirchenbindung als auch katholisch sozialisierte Lehrer:innen nahmen an der Untersuchung teil. Es fanden sich erstaunliche Ähnlichkeiten in ihrem subjektiven Erleben der katholischen Schulumgebung. Sie fühlen sich wohl und identifizieren sich mit den gelebten christlichen Grundwerten ihres Umfeldes, haben aber große Probleme mit dem Bild, das die Katholische Kirche von sich selbst in der Gesellschaft zeigt und den zum Teil nicht mehr zeitgemäßen Regeln, die das Verhalten gegenüber ihren Mitgliedern bestimmt.
Die drei Religionslehrer:innen unseres Schulzentrums, Dr. Aleksandra Chylewska-Tölle, Rainer Lüder und Siegmund Pethke, trugen ebenfalls vor. Frau Chylewska-Tölle skizzierte die Gruppen von Studierenden und Schüler:innen vor dem Hintergrund ihrer religiösen Sozialisationen und Einstellungen, Herr Lüder und Herr Pethke stellten unterschiedliche Aspekte des Curriculums vor. An der Fachschule in der Erzieherausbildung wird das Lernfeld Religionspädagogik, an der Berufsfachschule bei den angehenden Sozialassistenten das Fach Katholische Religion unterrichtet. Es wurde deutlich, dass in den Lehrplänen der beiden Schultypen der Blick über den Tellerrand der katholischen und christlichen Religion hinausgeht und auch für einen lebhaften Austausch zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen geworben wird.
An dieser Stelle hakte Stephan Gertzen, der Schulleiter, mit Ausführungen ein, in denen er wissenschaftliche und philosophische Aspekte der Diskussion über unterschiedliche Meinungen zu Themen darstellte, die sich nicht objektiv prüfen lassen. Diese Formen der Auseinandersetzung sind ein unverzichtbarer Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Grundlagen für einen fruchtbaren, für alle Erkenntnis bringenden Diskurs liegen darin, den Gedanken zuzulassen, dass andere Meinungen als die eigene gleichwertig sind und es auszuhalten, Fragen nicht abschließend beantworten zu können. Es kann nicht darum gehen, das Gegenüber von den eigenen Vorstellungen zu überzeugen, sondern die Gedanken des anderen zu verstehen und zu respektieren. Diese Überlegungen lassen sich direkt auf den interreligiösen Diskurs übertragen. Herr Gertzen zog die Analogie, dass ein gutes Gespräch wie eine Tischtennispartie ist, bei der das Ziel darin besteht, den Ball so lange wie möglich im Spiel zu halten. Um im Bild zu bleiben: Den Gegner mit angeschnittenen Bällen von der Platte zu schießen, um als alleiniger Sieger übrig zu bleiben oder ausgewählte Gegner gar nicht mitspielen zu lassen, führt zu tiefen gesellschaftlichen Gräben und Krisen, sowohl im demokratischen wie auch im interreligiösen Diskurs.
AvK, Juni 23